Kaum eine andere Art markiert den Einzug der Süßwassergarnelen in die Aquaristik wie die Bienengarnele. Obwohl sie schon viele Jahre gepflegt und gezüchtet wird, ist es bislang nicht gelungen, sie wissenschaftlich zuzuordnen. Anfänglich wurde die Art als Caridina serrata bezeichnet oder gar der Gattung Neocaridina zugerechnet. Ursache war hier wohl in zwei Publikationen von David Dudgeon (1985, 1987) zu suchen sowie der Annahme, dass die Tiere aus Hongkong stammen würden.

Um näheres zur Herkunft der Bienengarnele zu erfahren, bereisten wir 2003 Hongkong und besuchten dabei die von David Dudgeon angegebenen Fundorte. Gefunden hatten wir damals allerdings nur Caridina cantonensisCaridina apodosis und Caridina serrata. Bienengarnelen fanden sich nur in Zoogeschäften. Zumindest konnte aber nachgewiesen werden, dass es sich bei den Bienen nicht um die auf Hongkong Island endemische Caridina serrata handelte.

Kurze Zeit später erreichte mich jedoch eine Karte mit Fundorten von Zwerggarnelen, nach der mit Nummer 1 gekennzeichnet die Fundstelle der Bienengarnele in Hongkong sei. Leider konnte diese Angabe bislang noch nicht nachgeprüft werden.

Als Merkmale für die neue „serrata-Gruppe“ wurden folgende Merkmale definiert:

  • ein langer Stylozerit, der bis zum zweiten Segment der Antennenbasis reicht
  • dorsale Rostrumzähne auf dem Carapax
  • ein deutlicher Appendix interna am ersten männlichen Schwimmbeinfuß
  • große Eier

Bis 2004 wurden insgesamt 13 verschiedene Arten beschrieben, die der „serrata-Gruppe“ zugerechnet wurden. Erwähnenswert ist an dieser Stelle Caridina cucphuongensis, von Dang 1980 aus Vietnam und ursprünglich als Unterart von C. serrata beschrieben. Auch hier waren die Typusexemplare später nicht mehr auffindbar, jedoch wurde am gleichen Fundort 1999 Caridina clinata vorgefunden. Die neue Art zählte aufgrund des kürzeren Stylozeriten nicht zur „serrata-Gruppe“, die Autoren hoben aber ihre markante Färbung mit schwarz-gelben Binden hervor. Dies passiert selten genug und ist nur in den Fällen möglich, wo die Autoren auch lebende Tiere zur Verfügung hatten.

Caridina mutata

Weitere Hinweise zur Färbung finden sich nur noch bei Caridina mutata. Tragende Tiere sind hier schwarz gefärbt, während männliche und juvenile Tiere eher transparent bis gelblich sind. Für die in Hongkong endemische Caridina trifasciata liegt ein Farbfoto vor, dass ein Tier mit einer unmerklich kräftigeren Zeichnung wie Caridina serrata zeigt.

Caridina serrata – Die Bienengarnelen

Zweifelszwei steht aber fest, dass die Bienengarnelen zur Gruppe um Caridina serrata gehört. Doch was hat es mit dieser Gruppe auf sich? Caridina serrata wurde bereits 1860 von Stimpson beschrieben, der die Art auf Hongkong Island gesammelt hatte. Leider gingen seine Typusexemplare bereits 1871 bei einem Brand in Chikago verloren. Seine Beschreibung beschränkte sich allerdings nur auf wenige, relativ grobe Ausführungen. Kemp fand später 1918 in einem Bach am Victoria Peak Tiere, auf die Stimpsons Beschreibung paßte und hob dabei de Länge des Stylozeriten hervor, einer Hornschuppe im Kopfbereich. Trotzdem stufte dann Bouvier 1925 in seiner Atyidenübersicht die Art als zweifelhaft ein und begründete dies mit der unzureichenden Beschreibung Stimpsons.

Caridina cantonensis

Erst 1938 wurde mit Caridina cantonensis eine weitere, ähnliche Art von Yü aus Südchina beschrieben. Leider sind auch diese Exemplare inzwischen verloren gegangen. Angeregt durch die Sammlungen David Dudgeon´s in Hongkong und zwischenzeitlichen weiteren Funden in Südchina und Vietnam nahmen Y. Cai und N.K. Ng eine Revision der Artengruppe vor. Dabei wurden fünf neue Arten beschrieben und neue Typusexemplare für Caridina serrata festgelegt, die nun als gültige Art angesehen werden konnte. Diese Exemplare wurden in einem kleinen Bach im „Hill above Belchers“ an der Westseite von Hongkong Island gesammelt.

Hummelgarnele

Eine ebenfalls seit vielen Jahren in der Aquaristik bekannte Art war die Hummelgarnele. Zumindest die vor einigen Jahren verbreiteten Tiere, ich nenne sie der Einfachheit halber Typ I, waren aufgrund des kurzen Stylozeriten nicht der „serrata-Gruppe“ zuzuordnen, eine nähere Eingrenzung auf eine bestimmte Art war nicht möglich. Allerdings erwuchs daraus die Annahme, dass Hummel- und Bienengarnelen nicht bastardisieren können. Die später angebotenen Tiere wichen in der Zeichnung deutlich ab. Neben wunderschön gezeichneten Exemplaren waren oftmals nur verwaschene oder fast gänzlich fehlende Zeichnungsmuster vorhanden. Diese Tiere, von mir folgerichtig als Typ II bezeichnet, wurden Caridina breviata zugeordnet. Die in ihren morphologischen Merkmalen sehr variable Art wurde 2000 von N.K. Ng und Y. Cai aus Südchina beschrieben.

Tigergarnele

Dass einige Arten der „serrata-Gruppe“ farblich sehr variabel sein können, zeigt das Beispiel der Tigergarnele. Auch diese Art konnte bislang noch nicht verläßlich zugeordnet werden und wird bis dahin als Caridina sp. cantonensis bezeichnet. Neben der allgemein bekannten Form existiert von ihr auch eine blaue Farbvariante, bei beiden gibt es Stämme mit schwarzen oder orangenen Augen. Eine rein weiße Farbmorphe konnte leider nicht erhalten werden, jedoch wurde im Laufe mehrerer Jahre ein schwarzer Stamm herausgezüchtet.

Caridina serrata – Die Rotschwanzgarnele

Ebenfalls zur „Caridina serrata-Gruppe“ gehört die Rotschwanzgarnele Caridina nanaoensis. Ursprünglich nur von der Insel Nanao bekannt, scheint ihr tatsächliches Verbreitungsgebiet größer zu sein. In der Aquaristik konnte sich die eher unscheinbare Art nicht durchsetzen.

Arten der „serrata-Gruppe“ können untereinander durchaus hybridisieren, wie ich am eigenen Beispiel feststellen durfte. Irgendwann fluschte mir eine Tigergarnele in ein Becken mit Bienengarnelen. Nach längerer Zeit stellte ich dann etwas abweichend gezeichnete Tiere bei den Bienen fest. Nachzuchten aus Hummel- und Bienengarnelen wurden allerdings allgemein nicht für möglich gehalten. Hummelgarnelen des alten Typ I schienen nicht zur „serrata-Gruppe“ zu gehören, neuere Tiere von Typ II bzw. Caridina breviata besaßen abweichende männliche Geschlechtsanhänge an den Schwimmfüßen.

Vor nicht allzu langer Zeit wurden dann die ersten Hochzuchtgarnelen bekannt. Über ihren genauen Ursprung konnte nur wenig in Erfahrung gebracht werden. Dem äußeren Anschein nach handelte es sich wohl um eine langjährige Auslese aus der Red Crystal, der roten Farbmorphe der Bienengarnele.

Red Bee-Garnelen

Andere Quellen beriefen sich jedoch auf Angaben eines japanischen Züchters, demnach die ersten Red Bee-Garnelen das Produkt aus einer Kreuzung von Hummel- und Bienengarnelen sei. Fortan wogt eine heftige Diskussion zwischen beiden Lagern. Während die einen die Bezeichnung nach bestimmten Bienentypen favorisiert, orientieren sich die anderen eher an den japanischen Klassifizierungen.

Ganz von der Hand zu weisen sind die differenten Betrachtungen nicht. Zumindest stimmen aber untersuchte Red Bee´s in den den Körpermerkmalen weitgehend mit der Bienengarnele überein, deren genaue Herkunft bislang nicht bekannt ist. Die Annahme der Kreuzung zwischen Hummel- und Bienengarnele lies sich aber auch nicht eindeutig widerlegen.

Caridina-Arten aus China

Anfang 2008 erschien nun eine Arbeit über vier neue Caridina-Arten aus China. Die hier neu beschriebenen Arten waren bereits aus einem Bericht Bericht über den Fundort der „White Head Bee Shrimp“ bei Ying De bekannt. Im Bericht wurden bereits 2006 unterschiedlich ausgefärbte Populationen erwähnt, die in der neuen Arbeit jeweils neuen Arten zugeordnet wurden. Obwohl die Fundorte eng beieinander liegen, wurden explizit Körperunterschiede angegeben, die eine Artabgrenzung rechtfertigen würden. Nach den Fotos zu urteilen, vermag man durchaus Ähnlichkeiten in der Zeichnung mit der Hummelgarnele Typ I und Caridina meridionalis sowie zwischen Typ II und Caridina maculata festzustellen.

Interessant wird es bei der Lektüre der einzelnen Körpermerkmale. Das für die „Caridina  serrata Gruppe“ typische lange Stylozerit findet sich bei Caridina maculataCaridina venusta und Caridina tumida. Bei Caridina meridionalis erreicht es nicht das Ende des ersten Segmentes der Antennenbasis. Vielmehr zeigt sie Ähnlichkeiten mit der vietnamesischen Caridina clinata, von der ja auch eine markante Streifenzeichnung belegt ist. Bei der früheren Hummelgarnele vom Typ I dürfte es sich damit hoher Wahrscheinlichkeit um Caridina meridionalis gehandelt haben.

Abweichend von der „Caridina serrata Gruppe“ besitzen Caridina venusta und Caridina tumida keine dorsalen Zähne auf dem Carapax. Das Rostrum von Caridina venusta ist dabei ganzlich zahnlos, Caridina tumida trägt zumindest bis zu 2 ventrale Zähne.

In 2007 untersuchte und als „New Bee´s“ bezeichnete Tiere weisen Merkmale von Caridina venusta auf, in 2008 angebotene Hummelgarnelen wiederum Merkmale von Caridina meridionalis. Wobei selbstverständlich immer nur einzelne Exemplare stichprobenartig zur Untersuchung kommen können.

Allerdings bleibt auch festzustellen, dass alle Merkmale durchaus auch auf die variable Caridina breviata zutreffen könnten. Grundsätzlich wäre meiner Meinung nach aber die Definition der „serrata-Gruppe“ zu diskutieren. Betrachtet man die dorsalen Rostrumzähne nicht, umfaßt die Gruppe nun 16 Arten. Unter Einbeziehung von C. clinata und C. meridionalis wären es sogar 18. Damit würde aber auch der verlängerte Stylozerit als ein wichtiges Gruppenmerkmal entfallen und die Gruppe quasi nicht mehr vom überwiegenden Teil der übrigen Caridina-Arten abzugrenzen sein.

Caridina serrata Stimpson, 1860
Caridina cantonensis Yu, 1938
Caridina cucphuongensis Dang, 1980
Caridina sphyrapoda Liang & Zhou, 1993
Caridina nanaoensis Cai & Ng, 1999
Caridina yulinica Cai & Ng, 1999
Caridina mutata Cai & Ng, 1999
Caridina apodosis Cai & Ng, 1999
Caridina wumingensis Cai & Ng, 1999
Caridina breviata Ng & Cai, 2000
Caridina kunmingensis Wang & Liang, 2001
Caridina trifasciata Yam & Cai, 2003
Caridina zhongshanica Liang, 2004
Caridina maculata Wang, Liang & Li, 2008
Caridina venusta Wang, Liang & Li, 2008
Caridina tumida Wang, Liang & Li, 2008
Caridina meridionalis Wang, Liang & Li, 2008
Caridina clinata Cai, Nguyen & Ng, 1999

Trotz allem birgt die Arbeit einen weiteren Aspekt zur der Herkunftsfrage der Red Bee´s. Bei meinen früheren Untersuchungen an Bienengarnelen hatte ich festgestellt, dass hier im Gegensatz zu C. serrata die Endopoden gefaltet sind. Vielmehr entsprachen sie in der Ausbildung C. cantonensis aus jüngeren Funden. Das dieses Merkmal aber wohl doch sehr variabel sein kann, zeigt das Beispiel C. cantonensis. Die Abbildung in der alten Beschreibung von Yü zeigt ein ungefaltetes Endopod. Nachprüfbar sind seine Tiere leider nicht mehr, da sie ja inzwischen als verschollen gelten.

Allerdings war ich schon etwas überrascht, als ich erneut Bienengarnelen untersuchte. Diesmal fand ich ein ungefaltetes Endopod vor. Rostrum und Endopoden von untersuchten Red Bee´s waren mit denen der Bienen identisch. Das wird insbesondere im direkten Vergleich der Fotos deutlich.

Natürlich wurden hier nicht alle Körpermerkmale betrachtet. Eine endgültige Klärung zur Herkunft der Hochzuchtgarnelen dürfte wahrscheinlich nur eine DNA-Analyse aller in Frage kommenden Arten einschließlich der vier Neubeschreibungen erbringen. Dabei dürfte auch festgestellt werden, ob es sich um gültige Arten oder um jüngere Synonyme von C. breviata handelt. Vergleicht man nun diese Körpermerkmale beispielsweise von Caridina maculata oder Caridina meridionalis, wäre im Prinzip eine früher stattgefundene Hybridisierung zumindest nicht mehr ganz auszuschliessen.

Zweifelsohne gilt die Selektion der Red Bee´s aus der Red Crystal insgesamt als sehr wahrscheinlich. Eine Hybridisierung zwischen Hummel- und Bienengarnele bzw Red Crystal wäre denkbar, nach den aktuellen Kenntnissen wäre aber zu klären, um welche Hummelgarnele es sich hier gehandelt haben könnte. Möglich wäre auch eine Hybridisierung zwischen Hummelgarnelen, beispielsweise zwischen C. maculata und C. meridionalis. Durch die unterschiedliche Zeichnung beider Arten könnte es zu Verwechselungen über die englischsprachige Bezeichnung gekommen sein.

Literatur:
Dudgeon, D.(1985)
The population dynamics of some freshwater carideans (Crustacea: Decapoda) in Hong Kong, with special reference to Neocaridina serrata (Atyidae).
Hydrobiologica 120: 141-149

Dudgeon, D.(1987)
The larval development of Neocaridina serrata (Stimpson (Crustacea: Decapoda: Caridea: Atyidae) from Hong Kong
Hydrobiologica 110: 339-355

Cai Y. & Ng N.K. (1999)
A revision of Caridina serrata species group, with descriptions of five new species ( Crustacea: Decapoda: Caridea: Atyidae)
Journal of natural History, 1999, 33, 1603-1638

Wang L., X. Liang & F. Li (2008)
Descreptions of four new species of Caridina (Decapoda: Atyidae) from China
Zootaxa 1726: 9-59